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Rede Unterschleißheim:
Mein
Name ist Michael Schlosser, ich bin katholischer Stadtpfarrer von
Freising, St. Georg und Dekan von Stadt und Landkreis Freising
Ich spreche hier im Namen der Dekanatskonferenz
Freising, also dem Zusammenschluss aller Seelsorgerinnen und
Seelsorger in der Stadt und auch im Namen von Dekanatsrat und
Kreiskatholikenrat also den Vertretungen der Ehrenamtlichen in
unseren 46 Pfarreien mit insgesamt etwa 90.000 Katholiken.
Deshalb werde ich auch nicht als Einziger sprechen,
sondern vier weitere Redner werden Teilaspekte unserer Anliegen
vortragen. Da all das einen inneren Zusammenhang hat, bitte ich auch
erst nach dem 5. Redner um Antworten.
Als
Pfarrei St. Georg mit etwa 9000 Katholiken haben wir Einspruch
erhoben und Ihre Erwiderungen angefordert. Edmund Krokauer unser
Pfarrgemeinderatsvorsitzender, wird später dazu Stellung
nehmen. Desgleichen haben aus Stadt und Landkreis Freising auch
andere Pfarreien Einspruch erhoben, z.B. St. Lantpert in
Freising-Lerchenfeld mit 6.680 Katholiken; in diesem Pfarrgebiet
liegen auch die Ortschaften Attaching und
Eittingermoos.
Ausdrücklich soll ich auch Grüße
von unserem Erzbischof Dr. Reinhard Marx bestellen. Er hat sich
schon mehrmals mit der Thematik befasst und bittet die
Verantwortlichen, die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen
und Bürger sehr ernst zu nehmen. Auf der Grundlage eines fairen
Anhörungsverfahrens erwartet er eine offene Debatte, bei der
das Wohl der anwohnenden Bevölkerung einen sehr hohen
Stellenwert genießen soll.
Als
direkt Betroffene geht es nun unseren Pfarrgemeinden wie wohl den
allermeisten Bewohnern und Arbeitenden in unserer Region: Lärm
und Schmutz werden uns vermehrt treffen. Da geht es bei uns zum
Beispiel:
Um
die Kindergärten, besonders jene, die wie unser Kindergarten in
der Gartenstrasse direkt betroffen sind: Herr Weiser vom
Elternbeirat hat dazu eine eigene Stellungnahme verfasst, die er im
März hier vorbringen wird.
Um
unsere Gottesdienste: Sie werden mit Sicherheit wesentlich öfter
und stärker beeinträchtigt als wir es schon gelegentlich
bei einem Unwetter erleben können.
Darüber
hinaus würde die Kirche in Attaching den Bau einer dritten
Startbahn eventuell gar nicht überleben.
Oder
zum Beispiel ein Grundstück der Pfarrei St. Georg an der
Rotkreuzstrasse, auf dessen Pachteinnahmen wir wegen der
Finanzierung unserer Gotteshäuser angewiesen dringend sind,
bekäme Vermarktungsprobleme
Auch
der Dom samt seiner Einrichtungen wäre natürlich in
Mitleidenschaft gezogen. Dazu spricht später der
Geschäftsführer des Kardinal-Döpfner-Hauses, Herr
Markus Holl.
Besonders
hinweisen wollen wir auf die ethischen und moralischen Grundlagen,
die bei einem Vorhaben dieser Größenordnung eine wichtige
Rolle spielen müssen. Schließlich gelten die Zehn Gebote,
Forderungen der Bergpredigt oder auch philosophische Maximen wie
jene von Emmanuel Kant mit den daraus folgenden Konsequenzen wohl
für alle Bewohner dieser Region, zumindest insofern sie sich
Christen nennen, also auch für die Betreiber des Flughafens und
für die Entscheidungsträger in der Politik. Unser
Studentenseelsorger, Franz Heilmaier, wird dies später noch
näher beleuchten.
Zum
1. Gebot: Ein wesentlicher Grundgedanke der christlichen
Weltanschauung ist die Verantwortung vor dem Schöpfer: Ihm
gehört die Erde: Auf einem für mich beeindruckenden Plakat
der 70er Jahre sieht man die Erde vom Weltall aus und darunter den
Spruch: „Die Mietsache ist in gutem Zustand wider zurück
zu geben.“
Im Buch Genesis hört sich das dann so an: „Gott,
der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten, damit
er ihn bebaue und hüte.“ (Gen 2,15)
Wir sind also gewissermaßen Pächter auf
diesem Planeten, Besitzer ist ein anderer. Nach dem Glauben aller
Monotheistischen Weltreligionen sind wir IHM gegenüber
verantwortlich, wie wir seine Erde behandeln. Darüber hinaus und
wir müssen uns allesamt immer wieder darüber verständigen,
wie das Zusammenleben hier so gestaltet wird, dass unser Erdenhaus
und unser Erdengarten auch für unsere Nachmieter ein wohnlicher
Ort bleibt und insgesamt auch noch deutlich bewohnbarer wird.
Das Klima belastende Technologien weiter auszubauen
scheint uns nicht die richtige Antwort auf diesen Auftrag Gottes zu
sein.
Zum
3. Gebot: Bei der Heiligung des Sabbat oder sonntags geht es auch um
das rechte Maß: Über diese Tugend schreibt bereits
Aristoteles in seiner Nikomachischen Ethik „Die Mitte liegt
zwischen zwei Schlechtigkeiten, dem Übermaß und dem
Mangel.“ Maß halten übt man ein in den
Fastenzeiten, die alle Weltreligionen kennen. Maß halten ist
für unseren Körper und unsere Seele, aber auch für
jedes Gemeinwesen lebensnotwenig.
Maß halten oder zum rechten Maß zurückkehren
gilt auch für den Bereich der Wirtschaft!
Die Erfahrung gerade der letzten Monate zeigt, dass
manche Maßlosigkeiten schon jetzt bittere Konsequenzen –
und zwar vor allem für die Schwächeren unserer Gesellschaft
– führen.
Wir glauben, dass das rechte Maß für diesen
Flughafen mit einer 3. Start und Landebahn überschritten wird.
Das Prinzip der wirtschaftlichen Nachfrage kann nicht
der alleinige Maßstab für dieses Vorhaben sein, zumal es –
nicht nur aufgrund der derzeitigen Wirtschaftslage – mehr als
fraglich ist, ob diese Nachfrage überhaupt noch gegeben ist.
Über die Abwägung der Güter und die
seelsorglichen Beobachtungen im Blick auf die bestehende
Arbeitsmarktsituation in Freising spricht Pater Hinsen.
zum
8. Gebot:
Deshalb gilt auch für dieses Verfahren: Dass wir
alle bei der Wahrheit bleiben und nichts verschwiegen wird. Ich
wünschte mir sehr, ich könnte Prognosen und Zahlen
rückhaltlos vertrauen, aber das fällt mir schwer. Ich
erwarte vor allem von den Entscheidungsträgern die Verwendung
von realistischen und neutralen Prognosen sowie eine wirkliche
Ergebnisoffenheit für dieses Verfahren und verrate Ihnen kein
Geheimnis, dass viele Bürger diesbezüglich ein großes
Misstrauen gegenüber jenen Menschen haben, die letztlich
entscheiden werden. Ich halte diesen Vertrauensverlust, den ich in
fast jedem Gespräch geradezu als Grundregel höre, für
äußerst fatal. Ebenfalls im Zusammenhang mit dem 8.
Gebot steht für mich unsere allzu menschliche Neigung zu
Übertreibungen – Manchmal beschleicht mich das Gefühl,
die geplante Dimensionierung dieses Flughafens ist auch genährt
von einem unguten Bestreben ganz vorne zu sein, groß und
mächtig zu sein. Angeberei und Prahlerei könnten in diesem
Zusammenhang sehr fatale Triebkräfte eines übersteigerten
Geltungsbedürfnisses sein.
Ein
Nachtrag: Führe mich nicht in Versuchung heißt es im
Vater Unser: Ist nicht diese dritte Startbahn eine Versuchung? Eine
Versuchung für manche Politiker, noch größer im
Konzert des Großen Europas ja der Welt dazu stehen ? Ist es
nicht auch eine Versuchung für uns Konsumenten, dann halt
tatsächlich noch mehr als nötig zu fliegen, weil es ja
billig und einfach ist?
Schließlich
noch das St. Florians Prinzip: benannt nach einer sehr
erfahrungsnahen Strophe in einem bayerischen Wallfahrtslied. Ganz
konkret würde ich jedem Befürworter der 3. Startbahn
sozusagen im Beichtstuhl die Frage stellen, ob er auch für die
Startbahn wäre, wenn er in Pulling oder Lerchenfeld wohnen
würde. Jeder der dabei ehrlich antwortet: „Nein!“
muss auch gegen die Startbahn sein. Jesus sagt in der goldenen Regel
der Bergpredigt: „Alles, was ihr also von anderen erwartet,
das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.“
(Mt 7,12)
So
bitte ich Sie dringend, ehrlich Ihrem Gewissen zu folgen. Man kann
doch nicht guten Gewissens das scheinbare Glück weniger auf dem
Unglück vieler anderer aufbauen! Verantworten müssen
wir alle unser Handeln dann letztlich vor dem, dem wir auch unser
Leben verdanken. Da wartet dann auf jeden von uns ein weitaus
umfangreicheres und entscheidenderes Anhörungsverfahren!
Dann
folgen:
Edmund
Krokauer: geht auf die Antworten der FMG ein
Markus
Holl spricht für den Dom und seine Einrichtungen.
Franz
Heilmeier spricht über Gaudium et Spes
Peter
Hinsen spricht über die Güterabwägung | | | | |
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