Grüß
Gott in die Runde!
Ich
heiße Irmgard Mainz und sitze zum ersten Mal in meinem Leben
sehr aufgeregt vor einem Mikrofon. Ich bin in Freising-Lerchenfeld
geboren und aufgewachsen. Mein Mann und ich haben hier eine Familie
gegründet, ein Haus gebaut und wollen da alt werden!
Ich
gehöre zur Gruppe „Christen für die Bewahrung der
Schöpfung, St. Lantpert, Freising.
Wir
haben 2 Söhne, zwei Schwiegertöchter und bisher ein
Enkelkind. Unsere Kinder wohnen ebenfalls in Lerchenfeld - die junge
Familie im eigenen Haus, das junge Paar in einer eigenen Wohnung.
Jung und Alt hilft sich gegenseitig, so wie es früher bei uns in
der Großfamilie üblich war.
Mein
Vater, ein wortkarger, einfacher Bauer, hat damals beim ersten
Planfeststellungsverfahren zum Bau des Flughafens eine 17-seitige
handschriftliche Einwendung mit all seinen Sorgen und Befürchtungen
verfasst. Und er hatte in fast allem Recht! Ich habe sie in den
vergangenen Tagen wieder und wieder gelesen und begriffen: Er hat es
nicht mehr für sich gemacht! Es war seine Liebeserklärung
an uns Kinder und an seine Enkelkinder. Es war seine Daseinsvorsorge!
Wir
wünschen uns alle sehr, dass wir zusammenbleiben, aber die Angst
vor einer zusätzlichen, nicht
mehr ertragbaren Lärmbelästigung ist
groß und nach der ersten Anhörungswoche noch größer
geworden.
Wir
hätten sehr viel zu verlieren.
Zum
Thema Bedarf ein Erlebnis:
Kann
ich Ihnen, Herr Büchner, im Anschluss daran eine Frage stellen?
Im
Spätherbst 2007 hatte unsere Gruppe einen Informationsstand in
der Freisinger Innenstadt. Wie immer war das Interesse, die Wut und
Betroffenheit vieler Bürger groß.
Irgendwann
kam ein Mann zu uns, stellte sich als Pilot der Lufthansa vor und
sagte:
Ihr
macht ziemlich viel falsch!
Lärmbetroffenheit,
Messwerte, Landversiegelung, Wasserhaushalt - alles zählt nicht.
Das alles sind keine Argumente! Einzig und allein zählt der
Bedarf, und der ist aus mehreren Gründen nicht gegeben:
1.
Das Wirtschaftswachstum ist zum jetzigen Zeitpunkt hoch über-
züchtet und wird wie eine große Seifenblase platzen.
(wohlgemerkt
Stand Herbst 2007!)
2.
Das Flugaufkommen ist rückläufig. Das Weihnachtsgeschäft
ist eingebrochen: „Wir kratzen bereits heute schon die
Flugpassagiere aus allen Ritzen!“ (2007)
Für
uns Piloten ist es oft sehr ärgerlich, wie uneffizient die
Abwicklung im Tower ist mit den unverständlichsten Anweisungen.
Bei besserer Koordination und vernünftiger Auslastung ist noch
sehr, sehr viel Luft!
(wohlgemerkt
Stand Herbst 2007!)
Er
hat noch gut eine Stunde einer immer größer werdenden
Zuhörerschaft Fragen beantwortet, aber das war die Kernaussage.
Ein
Mann aus der Zuhörerschaft, aus dem Logistikbereich, bestätigte
die mangelnde Auslastung (Herbst 2007).
Schließlich
ein Dritter: Er hatte lange aufmerksam zugehört, zeigte uns
seinen Pilotenausweis (er war von einer ausländischen
Gesellschaft) und sagte:
Der
Kollege hat in allem recht! München braucht keine dritte Start-
und Landebahn. Wenn Ihr das nicht verhindert, bekommt Ihr allen
Schrott ( er sagte „waste“) der Welt, und wir Piloten
dürfen fliegen und abdrehen, wie wir wollen!
Das
treibt mich bis heute um!
Und
dazu nun meine Frage an Sie, Herr Büchner:
Habe
ich Sie am Freitag vergangener Woche recht verstanden, dass eine
derartige Handhabung Gegenstand der Beobachtung über einen
Zeitraum von 10 Jahren ist und erst danach wieder einer Bewertung
unterzogen wird?
Thema
Prognose
In
den vergangenen Tagen und auch heute wieder haben wir viel gelernt
über Analysen und Prognosen.
Bei
allem Respekt vor dieser Wissenschaft, aber mir scheint dieses ganze
Gebilde ziemlich
brüchig zu sein!
Eine
Krise wie die gegenwärtige mit ihrem nicht berechenbaren Verlauf
und Ausgang, stellt alles in Frage.
Bei
allem noch so aufmerksamen Zuhören habe ich eine wichtige
Prognose
vermisst.
Ich
nenne es jetzt völlig unwissenschaftlich
Vernunft,
Verantwortung und Maß!
In
gewissenhaft ermittelte Bewertungen gehört doch auch die
wachsende
Zahl der Menschen, auch
der älteren, die versuchen, einen achtsamen Konsens zwischen dem
eigenen Genuss und der Verantwortung für die Mitgeschöpfe
und für die Umwelt herzustellen.
Immer
mehr Menschen fühlen sich unbehaglich oder entziehen sich ganz
dem Trend, Städtereisen, zwei bis drei Kurzurlaube pro Jahr zu
machen oder Angebote zu nutzen,
wie
nachgefragt am 19.01. 2009 in einem Freisinger Reisebüro:
Ganz
Europa um € 29,00 Hier scheint wirklich
Für
€ 29,00 von München auf die Kapverden. noch sehr viel Luft
zu
sein.
oder
von der Lufthansa: Oder anders gesagt:
1.000.000
Extraplätze Die Luft scheint dünn zu werden.
Europa,
hin und zurück, für € 99,00.
1.000.000
Extraplätze !!
Am
Abend nach der ersten Anhörung hörte ich im Bayerischen
Rundfunk:
Seit
dem 01. Januar werden bei Autofahrern ohne Feinstaubplakette
€ 40,00
kassiert und es wird ein Punkt in Flensburg eingetragen.
Aber
an allen Münchner Messpunkten wurden heute die Grenzwerte
deutlich überschritten.
Die
Feinstaubbelastung am Mittleren Ring konnte noch nicht reduziert
werden.
Soweit
der Beitrag.
Ich
möchte mich den sehr beeindruckenden Ausführungen von Herrn
Reinhard von der Münchner Rück anschließen, der
zeitgerechte Prognosen anmahnte und die
ökologische Bedeutung als
zu wenig bewertet anklagte.
Sein
Beispiel:
Ein
Flug in die Karibik entspricht einer Schadstoffbilanz von einem Jahr
Autofahren!
Wie
viele Punkte in Flensburg sollen dafür vergeben werden?
Aber
zurück zu meiner Formel:
Eine
zunehmende Zahl von jungen Leuten ist, nicht zuletzt durch Vorbild
und Sensibilisierung von Lehrern und Eltern kritischer geworden.
Umweltprobleme werden wieder, und zwar fächerübergreifend,
in den Schulen thematisiert, weil man erkannt hat, dass
Umweltbewusstsein ein Teil von Bildung
ist und unabdingbar zur
ganzheitlichen Erziehung gehört!
Wenn
ich
die Freundeskreise unserer
Kinder und Schwiegerkinder Revue passieren lasse, dann ist das eine
Altersgruppe zwischen 23 und 33 Jahren, -man könnte sagen -die
sogenannte Spaß-Gesellschaft oder die „Geiz ist geil“
Zielgruppe. In allen Kreisen gilt aber der Grundsatz:
ein
Billigflug ist unmoralisch!!
Und
das sind Studenten, durchaus auch der technischen Fakultäten,
oder junge Familien mit geringem Einkommen.
Ein
Beispiel wie das folgende wird als unmoralisch bewertet:
Spezielle
Angebote wie z.B. von TUIfly im Sommer 2007 und 2008
gerichtet
an Schüler, Studenten, Auszubildende
von
Mitte August bis 31. Oktober
2007
„ All
you can fly”-Ticket um €199,00
(inklusive
aller Steuern, Gebühren und Treibstoffzuschläge)
berechtigt
zu unbegrenztem
Fliegen auf fast dem
gesamten City-Streckennetz der TUIfly.
ehen
Sie wirklich darin Ihre Verantwortung, mit einer 3. Start- und
Landebahn für derartige Ausuferungen den Auftrag zur
„Daseinsvorsorge“
zu
erfüllen??
Mein
Antrag dazu lautet:
Dass
der eigentliche Bedarf neu und objektiv betrachtet und solide
berechnet wird,
scharf
abgegrenzt von allen künstlich erzeugten, aus allen Ritzen
zusammengekratzten Billig-, Extra- und Spezialangeboten.
Nur
so sehe ich eine verantwortliche Entscheidungsgrundlage!
Mein
zweiter Antrag lautet:
Dass
auch der Mensch - in unserem Fall wir Geschädigten - im Sinne
unserer Grundrechte Daseinsvorsorge erfahren.
Mein
letzter Punkt:
Als
sogenannte „Einheimische“ bin ich auf einem kleinen
Bauernhof in Lerchenfeld aufgewachsen.
Meine
Eltern bewirtschafteten einen Pachtgrund zwischen Lerchenfeld und
Hallbergmoos.
Wir
Kinder durften immer mit auf’s Feld.
Eine
erhöht gelegene Straße führte beinahe schnurgerade
als Hauptverbindung nach Hallbergmoos.
Links
und rechts davon führten schmale, unbefestigte Wege zu den
Feldern.
Man
nannte das „Furten“.
Die
Felder lagen vertieft in Mulden, oft geschützt durch Hecken.
Das
Regenwasser konnte sich dort sammeln, und es waren sehr fruchtbare
Böden.
Dies
alles liegt jetzt zwischen 55 und 60 Jahren zurück.
Zeiten
ändern sich, das ist wahr.
Aber
hier ist in eine Region - in unsere Heimat - in einem Zeitraum von
weniger als einem Lebensalter so dramatisch eingegriffen worden wie
nie zuvor!
Was
in Jahrhunderten Bestand hatte, wurde innerhalb weniger Jahre
brachial zerstört!
Es
ist nicht das
Gericht, die Regierung, die Behörde.
Hinter
diesen Begriffen stehen Menschen, die diese Entscheidungen treffen -
aber auch für die Zukunft der nachkommenden Generation
verantworten müssen.
Wo
wollen Sie enden?
Ich
danke Ihnen.