Besinnung gestaltet von Dr. Willi Albrecht
zum Lichterzeichen - Schweigegang
am 21.06.2009


Begrüßung

Thema: Wir können nur das gut hören, worauf wir zu achten gewohnt sind


Eines Tages verließ ein Indianer das Reservat und besuchte den weißen Mann in der Stadt, mit dem er befreundet war. Sie gingen die Straße entlang, als plötzlich der Indianer seinem Freund auf die Schulter tippte und sagte: Bleib mal stehen, hörst du? Der Weiße antwortete: Alles was ich höre sind die Motoren der Autos und die Stimmen und Geräusche der Schritte von vielen Menschen. Was ist denn da Besonderes?

Na, ich höre eine Grille zirpen, hier ganz in der Nähe, sagte der Indianer. Der weiße Mann horchte und schüttelte den Kopf. Du musst dich täuschen, sagte er, hier gibt es keine Grillen.

Der Indianer ging ein paar Schritte, blieb vor einer Hauswand stehen, schob den Efeu an der Mauer auseinander und tatsächlich, da saß eine Grille. Jetzt hörte auch der Weiße das zirpende Geräusch.

Als die beiden weitergingen, sagte der Weiße: Freilich, dein Gehör ist besser geschult als meines. Indianer hören einfach besser. Der Indianer lächelte und sagte: Du täuscht dich,
mein Freund. Indianer hören nicht besser oder schlechter als andere. Pass auf!

Und er griff in die Tasche, holte ein 50 Cent Stück heraus und ließe es auf das Pflaster fallen.


Sofort wurden die Leute um sie herum auf das Geräusch aufmerksam und blickten sich um. Einer hob das Geldstück auf und ging weiter. Siehst du, sagte der Indianer, dieses Geräusch war nicht lauter als die Grille und doch hörten es viele sofort. Es stimmt nicht, dass das Gehör der Indianer besser ist als das der Weißen.

Der Grund liegt einfach darin, dass wir alle nur das gut hören können, worauf wir zu achten gewohnt sind.




Bei dieser Geschichte möchte ich nicht auf das Klischee hinaus von den übersättigten, zivilisationsgeschädigten Weißen und den edlen Wilden, den Lehrmeistern der Naturverbundenheit und des einfachen Lebens. Der Schluss ist es, der hat Pfiff.
Wir können nur das gut hören, worauf wir achten, was uns interessiert, uns wichtig ist.

Jeden Sonntag machen wir uns um 18:00 Uhr Abend auf den Weg und ziehen durch die Moosstraße zur Kirche. Was ist uns dabei wichtig, wenn wir hoffen und wünschen und beten, dass dieses Ding vor unserer Haustüre niemals realisiert wird?
Da kommt eine ganze Menge zusammen.

Die einen müssen befürchten, dass das Wohnen in ihren Häusern unerträglich wird, wenn Flugmaschinen über ihren Kopf hinweg starten oder landen. Andere kriegen Angst, dass sie abgesiedelt werden sollen und Haus und Hof verlassen müssten. Weiters geht es um die Sorge für Gesundheit oder um die Bedrohung durch einen ständig nervenden Lärmpegel.
Wem die Natur am Herzen liegt, die Luft, das Wasser, die Pflanzenwelt, die Vögel,
der Boden, der wehrt sich dagegen, dass wieder ein riesiges Stück Land platt gemacht
werden soll..

Eltern haben ein vitales Gespür dafür, dass wir die Zukunft der Kinder und Kindeskinder aufs Spiel setzen. Bewohner der Gemeinden ringsum bis hin zu jenen im Stadtgebiet Freising müssen Phantasien verscheuchen, dass eines Tages ein unberechenbarer Absturz passieren könnte. Und wieder andere sehen, dass unsere Regierenden und Wirtschaftsbosse einfach kein Augenmaß mehr haben und blind auf einen wackeligen Fortschritt setzen oder dass sie Macht und Geld und Prestigedenken über alles stellen.
Und wenn auch alle Welt vom Klimaschutz redet, dann sehen wir doch, dass man vor unserer Haustür einfach so weiter macht, als hätte das gar nichts damit zu tun.

Dafür gehen wir jeden Sonntag auf die Straße und sagen Nein.

Wenn wir aber dann in die Kirche ziehen, dann ist damit noch etwas darüber hinaus gemeint. Wir tragen unsere Sorgen hierher und wir müssen uns zugleich selbst befragen:
Es geht nicht nur um unser eigenes erträgliches Auskommen, um möglichst wenig störende Belastungen, es geht nicht nur um MUC und FMG, sondern es geht in den Augen Gottes auch um die gesamte Einstellung zu dem, was die Welt und die Menschen heute brauchen und was wirklich allen gut tut, damit nicht Lähmung und Resignation das letzte Wort haben.
Es geht darum, dass wir über unseren kleinen Horizont hinaus sehen und dass wir selbst etwas beitragen können und wollen, damit Zukunft ein Hoffnungswort bleibt.


Fürbitten:

Gott unser Vater und unsere Mutter,

  • nimm unsere Anliegen und Sorgen auf, die wir vor dich bringen

  • gib uns ein weites Herz, nicht nur an uns selbst zudenken, sondern mitzuwirken an dem, was du als Schöpfer und Erhalter mit der Welt vor hast.

  • gib allen, die partout den Ausbau verfolgen und allen, die entschieden dagegen sind, die Kraft zum Frieden.

  • Wir antworte auf das Fürbittgebet mit dem Lied: Herr, gib uns deinen Frieden


Vater unser.

Segensgebet

Dr. Willi Albrecht