Zeit
zu beten
Besinnung
gestaltet von Dr. Willi Albrecht
zum Lichterzeichen –
Schweigegang am 21.11.2010
Anfang
November, in der Vorbereitung zu unserem Lichtergang auf den Domberg,
hat das „Wochenblatt“, eine kostenlose Zeitung, die bei
uns im Briefkasten landet, folgende Ankündigung zum
Schweigegang getitelt: Zeit zu beten. In der Überschrift
tatsächlich so zu lesen. Bei Licht besehen trifft das ins
Schwarze. Wenn wir uns Sonntag für Sonntag aufmachen und gehen
und schweigen und uns sammeln, dann muss uns Folgendes klar sein und
wir müssen nüchtern sehen: es gibt Viele, die darüber
den Kopf schütteln. Machen wir uns nicht etwas vor? Ist das
nicht ein hoffnungslos verrücktes Vorhaben, eine naive
Selbsttäuschung, ein ohnmächtiger Versuch, Dinge zu unseren
Gunsten zu wenden, die möglicherweise längst so gut wie
beschlossen sind, von Politikern, von Wirtschaftsbossen, von cleveren
Verkehrsexperten und von den Verantwortlichen der FMG?
Und
dann haben sie uns noch einen Schlag versetzt in den letzten Tagen,
Nicht einmal eine Anhörung zu 25.000 Einwendern ist es wert,
darauf einzugehen. Die Zeichen stehen nicht gerade gut. Haben wir
immer noch nicht begriffen wohin der Hase läuft? Das ist doch
alles naiver Stuss was wir machen, sagen die cleveren und überlegenen
Zeitgenossen, Sagen sie, meinen sie.
Aber
wir lassen uns nicht davon abbringen. In unseren 5 Punkten haben wir
begründet, warum wir den Schweigegang gehen. Da steht im
mittleren Punkt: Wir vertrauen auf die Kraft des Religiösen und
Spirituellen. Nachzulesen im Internet unter „Lichterzeichen“,
Stichwort „Wir über uns“.
Mahatma
Gandhi, der Befreier Indiens aus der Kolonialherrschaft, sagte
einmal: „Ohne zu beten wäre ich schon längst
wahnsinnig geworden.“
Was
ist das eigentlich, diese Stärke, diese Kraft des Betens?
Zunächst: Beten ist so menschlich wie das Atmen, das Essen, das
Lieben. Mehr noch: Es ist der schnellste Weg in das Herz des
Universums. Beten ist etwas zutiefst Natürliches, Befreiendes
Sinnstiftendes. Unsre Lebenserfahrung hat uns gezeigt und gelehrt:
Was wir sehen und berühren, das ist nicht alles. Es gibt in der
Welt und in unserem Leben vieles, was wir nicht in der Hand haben.
Beten ist Kontakt, Kontakt mit etwas, das größer ist als
wir selbst. Kontakt mit dem Ganzen der Wirklichkeit, auch mit jenen
Bereichen, die unsichtbar sind. Wer betet und sich ausrichtet auf das
Ganze der Wirklichkeit, der gibt Zeugnis davon, dass Gott ist und
unter uns gegenwärtig ist, dass das, was wir Gott nennen,
anrufbar ist, ein Du, das hört und unsere Sorgen aufnimmt, wenn
wir uns ihm anvertrauen, wenn wir mit unseren Bitten kommen, mit
unserer Sehnsucht nach Geborgenheit, Frieden und einer heilen Welt
und Schöpfung.
Von
Martin Luther wird Folgendes erzählt: er hatte ein kleines
Hündchen, das er überall mitgenommen hat, auch zum Essen,
zum Tisch. Der kleine Hund saß da zu seinen Füßen,
sperrte sein Mäulchen auf und wartete, dass sein Herrchen ihm
einen Bissen zuwarf. Luther sah das und seufzte zu seinen Tischgästen
hinüber: Wenn ich doch beten könnte, so wie das Hündchen
auf das Fleisch schaut. Es denkt immerfort an das Stückchen
Fleisch und wünscht und hofft nichts anderes. Der Reformator hat
Beten als Heißhunger verstanden, und sich selber eine geradezu
animalische Lust auf Gott gewünscht.
Im
Beten halten wir zusammen, was zusammen gehört: Himmel und Erde.
Wir atmen da quasi mit beiden Lungenflügeln: dem einen, den
innerweltlichen und mit dem andern, dem Weltübergreifenden. Wir
sind überzeugt: Es ist allemal besser, ein Licht anzuzünden
als über die Dunkelheit zu jammern und die Hände in den
Schoß zu legen. Der englische Literat Clive Staple Lewis
bemerkte einmal: Leute, die Jesus folgen, haben genau zwei
Möglichkeiten, um Ereignisse hervorzurufen: arbeiten und beten.
Tun wir also das Unsere, tun wir das, was wir können, unbeirrt
in Taten und bestürmen wir weiterhin den Himmel.
Fürbitten:
Gott. der du größer
bist als unser Herz, du mächtiges Geheimnis unseres Lebens, du
unser Vater und unsere Mutter zugleich, wir rufen zu dir:
Herr,
erhöre uns
- Lass uns nicht müde werden uns einzusetzen gegen die
Zerstörung deiner Schöpfung, auch und gerade in unserer
nächsten Nähe
Verleihe uns
Stärke, unseren Überzeugungen treu zu bleiben, die
dem
Frieden unter den Menschen und dem allgemeinen Wohl aller
dienen
Gib uns
Achtsamkeit füreinander, damit wir uns gegenseitig den
Rücken
stärken, auch und gerade jenen Menschen, die
zutiefst betroffen und
verunsichert sind durch die Folgen eines
zerstörerischen Flughafen-
ausbaus
Gib uns die
Bereitschaft und den Mut, in unserem Lebensstil
selbst
Einschränkungen und Grenzen zu akzeptieren und
zustimmend und
kreativ damit umzugehen.
Denn dir verdanken wir
alles, was wir sind und was wir haben, und wir preisen dich dafür.
Segen
Dr. Willi Albrecht