Wir dürfen nicht alles, was wir können
Aussendung
zum Stadtgang - Eröffnung durch Dekan i.R. Wolfgang
Deutsch
Ansprache von Pfarrer Thomas Prusseit und Abschlußlied
Bernard Müller
zum Lichterzeichen - Schweigegang in der
Innenstadt von Freising
am 20.02.2011
Aussendung (Dekan i.R. Wolfgang Deutsch)
Wir dürfen nicht alles, was wir können „
Lied: „Gott liebt diese Welt, und wir sind sein eigen.
Wohin
er uns stellt, sollen wir es zeigen:
Gott liebt diese Welt!“
Schöpfungsauftrag: Machet euch die Erde untertan! Aber
macht sie nicht kaputt!
Carl Friedrich von Weizsäcker (1912-2007),
älterer
Bruder des ehem. Bundespräsidenten Richard v. W.,
Atomphysiker.
1961 wandte er sich gegen die atomare Aufrüstung
mit den Worten: „Wir dürfen nicht alles, was wir können!“
Einer von Elmar Grubers Aphorismen:
„Viel Brauchbares
geht verloren,
weil ich oft das ver-brauche,
was ich nur
ge-brauchen darf.“
Astrophysiker Harald Lesch:
„Wirtschaftsunternehmen haben
lediglich die Rendite im Sinn,
der Klimawandel ist ihnen
schnurzegal.“
Ziel von FMG und Lufthansa:
11 Millionen Fluggäste mehr,
d.h. die Bevölkerung Bayerns, d.h. täglich 30.000
mehr.
Woher sollen die dafür benötigten 10-15000
zusätzlichen Arbeitskräfte kommen?
Friedrich von Schiller:
„Wenn man nicht aufgibt, hat man
nie verloren.“
Segenswort für den Weg:
Geht in der Kraft, die euch gegeben ist,
geht einfach, geht
unbeschwert, geht heiter
und haltet Ausschau nach der Liebe
und
Gottes Geist leite euch!
Ansprache am Marienplatz (Pfarrer Thomas
Prusseit)
In Anlehnung an das Stuttgarter Parkgebet
Liturg/in Herr Wittmann, Pfarrer Prusseit:
Gelobt sei Gott, der immer schon bei uns ist, ehe wir ihn suchen.
Amen.
Herzlich willkommen zum Lichterzeichengebet, bei dem wir uns mit
Herz und Verstand zu Gott wenden, um das zu suchen, was für
unsere Stadt und Dörfer im Landkreis Freising, seine
Einwohnerinnen und Einwohner das Beste ist.
Psalmgebet für die Stadt im Wechsel (nach Psalm 46 und
127)
(In zwei Gruppen, Kehrvers gemeinsam)
I
Gott ist unsere Zuversicht und Stärke,
ein bewährter
Helfer in den Schwierigkeiten,
die über uns gekommen sind.
II
Darum sollen uns Furcht und Sorge nicht überwältigen,
auch
wenn es so aussieht, als stünde uns das Wasser bis zum Hals,
I
weil Gottes Schöpfung bedroht ist
und Maschinen schon
bald Gewachsenes zerstören
und die Erde umpflügen
könnten,
auf der wir stehen.
I und II
Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt ist
bei uns,
er ist unser Begleiter und ist unser Schutz.
II
Deshalb soll die Stadt Gottes weiterhin ein Ort der Freude
sein.
Jede Stadt, jedes Dorf ist Gottes Stadt: auch die
Unsere
I
mit ihren Wassern, den Pflanzen, dem Grün und den
Bäumen,
mit ihren Gebäuden, mit Mensch und Tier, die in
ihr wohnen.
II
Gott selbst ist in ihren Mauern,
nichts soll sie
erschüttern.
Er bringt ihr Hilfe, bevor der Morgen graut.
I und II
Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt ist
bei uns,
er ist unser Begleiter und ist unser Schutz.
I
Darum kommt her und seht, wie mächtig Gott ist.
Er
macht der Zerstörung und dem Schaden ein Ende in der Welt.
II
Wenn Gott nicht das Haus baut, so arbeiten umsonst, die
daran bauen.
Wenn Gott nicht die Stadt behütet, so wacht der
Wächter umsonst.
I und II
Gott, der Schöpfer und Erhalter der Welt ist
bei uns,
er ist unser Begleiter und ist unser Schutz.
Impuls
Fürbitten:
Eine/r: Unser Gott, wir bitten Dich für unsere Stadt
Freising mit dem Landkreis: Fördere Du den Respekt vor
Gewachsenem, bewahre die Schöpfung vor weiterer Ausbeutung.
Halte Deine Hand schützend über das Freisinger Moos, über
Buchen, Ahorne und die vielen anderen Bäume, die seit langer
Zeit ungehindert dort wachsen durften. Bewahre die großartige
Vielfalt an Pflanzen und Tieren, an Vögeln und Insekten,
die dort leben. Hilf uns und sei an unserer Seite, wenn wir uns dafür
einsetzen, dass zwei Bahnen reichen.
Eine/r: Unser Gott, wir bitten Dir für die vielen
wunderbaren Menschen, die in dieser Zeit ihre Gedanken und
Fähigkeiten zum Wohl dieser Stadt und dieses Landkreises
einsetzen, die nicht ruhen noch rasten in ihrem Bemühen, das
Beste für Freising und seine Bewohner zu suchen. Lass sie gesund
bleiben, gib ihnen Kraft und Durchhaltevermögen und sorge dafür,
dass sie nicht an Kleinigkeiten zerrieben werden. Schenke ihnen den
Reichtum kreativer Gedanken und Taten und statte sie aus mit
Schlagfertigkeit und den richtigen Worte zur rechten Zeit.
Eine/r:
Lieber Gott, wir bitten Dich um Kraft und Mut in diesen schwierigen
Tagen für jede und jeden einzelnen von uns: dass wir nicht
zögern, wo Entschlossenheit und Zupacken nötig ist. Wir
bitten Dich aber auch um Weitsicht und Besonnenheit, die uns zwischen
Schaden und Nutzen unterscheiden und uns erkennen lassen, was
nachhaltigem Frieden dient und was nicht. Bei allen Rückschlägen
lass die Geduld nicht verloren gehen, erhalte uns die Freude am
Lachen und lass uns zuversichtlich bleiben.
Alle: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name,
dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere
Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns
nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn
dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Segen (Alle reichen einander die Hände)
Liturg/in: Wir reichen einander die Hände und wünschen
uns Frieden:
Für unsere Stadt und den Landkreis Freising, für
das Freisinger Moos, den Flughafen mit seinen zwei Startbahnen und
die Dörfern außen herum.
Gott, segne ihre Bewohnerinnen und Bewohner, die Alten und die
Jungen, die Kranken und die Gesunden, die Armen und die
Wohlhabenden. Wenn der Boden unter unseren Füßen
schwankt, reiche uns Deine Hand und halte uns fest. Wenn es am Himmel
dröhnt bleibe bei uns mit deinem Segen für Leib und Seele.
Bleibe bei uns mit Deiner Kraft für Geist und Sinne. Bleibe bei
uns mit deiner Liebe auf allen unseren Wegen.
So segne und behüte uns der Allmächtige Gott, Vater,
Sohn und Heiliger Geist. Amen.
Impuls
Liebe Schwestern und Brüder,
wir wollen gehört werden. Und wir wollen, dass sich unsere
Not wendet.
Vor einiger Zeit hatte ich Besuch von einigen Menschen, die
diesseits der Isar in Freising wohnen. Ich selbst wohne im
Lerchenfeld. Als wir zum Rauchen rausgegangen sind haben sie gesagt,
dass der Flughafen deutlicher zu hören ist. Dabei ist Attaching
noch einige Kilometer weg. Und in Marzling, Langenbach, Pulling und
Kranzberg sind die Start- und Landeanflüge auch noch deutlicher
zu hören. Nehmen wir das noch wahr, was da bisher schon mit uns
passiert? Wessen wir dauerhaft ausgesetzt sind. Bereits jetzt. Einige
von uns mehr, andere weniger. Wir brauchen die Solidarität
untereinander, dass uns, auch wenn wir scheinbar nicht so sehr von
einer dritten Startbahn betroffen wären uns doch einsetzen für
die Not unserer Nachbarn. Als im vergangenen Jahr dieser isländische
Vulkan ausgebrochen war, herrschte eine Stille, die wie hier nicht
mehr so kennen. Und natürlich macht das etwas mit uns wenn wir
dieser dauernden Belastung ausgesetzt sind. Und unsere berechtigte
Sorge ist, dass es so schlimm wird, dass wir und unsere Kinder
darunter leiden und erkranken. Dass die wunderbare Natur noch mehr
zerstört wird. Dass sich Einzelne bereichern – auf unsere
Kosten.
Stellen sie sich vor, sie säßen in einem kleinen Boot,
mitten auf einem See. Und plötzlich käme ein Sturm auf, ein
großer Wirbelwind – richtig heftig. Die Wellen werden
immer höher, das Wasser fängt an in das Boot zu spritzen
und die ersten Pfützen entstehen am Boden und es läuft
langsam voll. Den Jüngern von Jesus ist das einmal passiert.
(Markusevangelium 4, 35-41) Einige von ihnen waren Fischer gewesen
und sie kannten den See eigentlich. Aber das machte ihnen
Himmelangst. Jesus lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief.
Er ruhte sich von einem anstrengenden Tag aus. Und sie wecken ihn und
sagen. Meister, kümmert es dich nicht, dass wir umkommen.
Jesus steht in dem Boot auf, bedroht den Wind und spricht zu dem
Meer: Schweig und verstumme. Und der Wind legt sich und es entstand
eine große Stille. Und die Jünger sind ganz baff. Und er
sagt zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam. Habt ihr noch keinen
Glauben? Aber sie fürchten sich und sprachen untereinender: Wer
ist der? Auch Wind und Wellen sind ihm gehorsam!
Dass es ganz ruhig wird um uns her erwarten wir gar nicht. Aber
dass der Lärm und die Abgase nicht noch mehr werden, dafür
haben wir uns heute hier in Bewegung gesetzt.
Es ist gut, wenn die Politiker unserer Stadt und des Landkreises
Freising sich an die Oberhirten der Kirchen wenden und sie bitten
sich für unser Anliegen einzusetzen. Herzlichen Dank dafür.
Wir hoffen nicht auf taube Ohren zu treffen und dass sie sich bei den
Entscheidungsträgern für uns einsetzen. Wir hoffen, dass
die Äcker um den Flughafen München herum, die im Besitz des
Erzbistums München und Freising, oder einzelner Pfarrgemeinden
sind nicht enteignet werden. Im katholischen Oberbayern wäre das
ein wirklich schwierig. Mit ehemals evangelischen Wiesen ist dies
seinerzeit geschehen.
Unser eigentliches Anliegen ist es, dass wir auch von der
Regierung von Oberbayern, der bayerischen Staatsregierung, der Stadt
München und dem Bund gehört werden. Und wir bitten sie und
fordern das ein – in einer Demokratie darf man das ja, dass sie
uns anhören und unsere Not wenden. Dass wir unser Herz ruhig
werden kann, weil 2 Bahnen reichen und wir nicht wollen, dass die
dritte Startbahn hier bei uns gebaut wird. Dass wir auch in der Nacht
ruhig schlafen können und nicht vom Lärm geweckt werden.
In unserer Not wenden wir uns an Jesus Christus. Wir folgen damit
einer alten Tradition. Manchmal fängt das ganz klein an, dass
sich Menschen in ihrer Not an den Herrn wenden. Dass sie sich treffen
und miteinander beten, Kerzen anzünden und ganz still vor die
Toren der Kirchen gehen.
Im Jahr 1982 ist das in der Leipziger Nikolaikirche ganz klein los
gegangen. Anfang der 80er Jahre war der Slogan der Friedensbewegung:
„Schwerter zu Pflugscharen“- Ein Wort aus dem Propheten
Micha. Als Symbol wurde das Mahnmal der Sowjetunion vor den Vereinten
Nationen in New York gewählt. Wer kann als Kommunist im
sozialistischen Osten Deutschlands schon etwas dagegen haben. Sie
saßen als winziges Häuflein beim montäglichen
Friedensgebet in der Nicolaikirche. Eine hoch betagte Teilnehmerin an
dem Friedensgebet sagte: „Wenn wir nicht für den Frieden
beten, wer sonst.“ Da haben sie weitergemacht, stets mit einem
von der Stasi in ihrer Mitte. Sie haben den Herrn der Kirche
angerufen und ihn gebeten ihre Not zu wenden. Die kleine Schar
scheinbar ohnmächtiger Beter für Frieden und Freiheit haben
die hoch gerüstete Diktatur in die Knie gezwungen. Am Ende waren
es im Jahr 1989 70.000 Beter mit Kerzen in der Hand – manche
waren gar nicht in der Kirche, nicht mal getauft. Aber sie waren
solidarisch und haben gerufen: Wir sind das Volk. Ihr Politiker habt
eure Legitimation von uns bekommen. Sie waren dabei mit nichts
bewaffnet als mit friedlicher, demonstrativer Entschlossenheit. Und
die Mauer, die Ost und West voneinander trennte ist gefallen.
Trauen wir doch den Kerzen und den Gebeten hier bei uns in
Freising etwas zu. Und unserem Herrn Jesus Christus. An den wenden
wir uns und beten miteinander.
Abschlußlied (Bernard Müller)
Ich möchte Sie nun herzlich einladen,
die 1. Strophe der
Bayernhymne mitzusingen.
Die zweite Zeile möchte ich aktualisieren, und zwar
von ursprünglich „deutsche Erde, Vaterland“ auf
unsre Erde, Heimatland.
Also: Gott mit dir, du Land der Bayern,
Unsre Erde,
Heimatland.
Die Aussagen dieser 1. Strophe zeigen mir, dass unsere
Vorfahren
in ihrer Hymne auch für uns heute noch sehr
aktuelle
Prioritäten gesetzt haben:
„Er behüte deine
Fluren,
Schirme deiner Städte Bau
Und erhalte dir die
Farben
Deines Himmels, weiß und blau!“
Ich stelle mir hier einen Schutzschirm über der
gesamten Flughafenregion vor, der Lärm und Abgase
von uns fern hält, und aus den Farben des Himmels -
weiß
und blau - sollen nicht noch mehr graue und
krankmachende
Kerosinwolken werden!
1. Gott mit dir du Land der Bayern,
Unsre Erde, Heimatland!
Über deinen weiten Gauen
Walte seine Segenshand!
|: Er
behüte deine Fluren,
Schirme deiner Städte
Bau
Und erhalte dir die Farben
Deines
Himmels, Weiß und Blau! :|