Ernsthaft erschüttert!
Besinnungsandacht gestaltet von Domrektor Msgr. Rainer Boeck
und ‚Lichterzeichen’ an der Franziskus-Kapelle in Attaching
anlässlich des Bay VGH Urteils zur 3. Startbahn am 19.02.2014



Ernsthaft erschüttert!

Ein Aufschrei hat sich heute Vormittag in München erhoben, liebe Freundinnen und Freunde. Und doch: es ist heute kein schwarzer Tag für uns. Wir werfen die Flinte nicht ins Korn. Für uns, zumal als Christen, gilt vielmehr das Wort des Paulus: „Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung“ ( Röm 5,3 ). Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs macht uns nicht Angst. Sondern: wir machen weiter, Schritt für Schritt, geduldig, beharrlich, voller Hoffnung. Wohl wissend, dass wir uns bewähren werden, d.h. wir werden unser Ziel erreichen.

Vergelt’s Gott denen, die an mehr als 40 mühsamen Prozesstagen für uns eingestanden sind!
Die sich, die ihre Zeit und ihr Geld in die Waagschale geworfen haben, die nach München gefahren sind, um dort unsere Sache zu vertreten. Danke Euch, die Ihr für uns gekämpft habt!

In diesen Tagen haben wir neu gelernt, zu unterscheiden zwischen einer eng juristischen Beurteilung und dem, was ethisch richtig ist. Mag also der Planfeststellungsbeschluss zur 3. Startbahn auch rechtmäßig sein.

Aber, wer meint, er müsste uns nun in eine „Republik der Nein-Sager“ hineinreden und hineinrechnen, wenn wir weiter gegen eine 3. Startbahn Widerstand leisten, der irrt. Ja, wir sagen Nein, wenn es darum geht, dass der Flughafen München mit dem in Frankfurt um Platz 1 buhlt. Um des Prestiges willen muss man nicht an Planungen festhalten, die sich überholt haben. Nein, wir sind die Ja-Sager. Denn wir glauben an einen technischen Fortschritt, der wirtschaftliches Wachstum sichert und uns mobil sein lässt. Der gleichzeitig aber die Schöpfung, unsere Lebensgrundlagen und damit letztlich die menschliche Existenz schont. Alle Zahlen der Flugbewegungen der letzten Jahre belegen, dass ein solcher Fortschritt längst ohne 3. Startbahn möglich ist.

Ich war vor Weihnachten im Gerichtssaal dabei, als sämtliche Beweisanträge abgelehnt wurden. Immer mit der Begründung „nicht ernsthaft erschüttert“. Wir dagegen sind ernsthaft erschüttert. Denn wir sorgen uns um unsere Pflanzen- und Tierwelt. Wir sind aber vor allem darum erschüttert, weil viele unserer Mitbürger und Mitbürgerinnen Heimat und Existenz aufgeben müssten, wenn die 3. Startbahn käme. Und - uns lassen auch die Zehntausende nicht kalt, die zwar nicht abgesiedelt würden, die aber von über 52 Dezibel Dauerschall und anderer Umweltverschmutzung betroffen wären.

Das Gericht hat gesprochen. Entscheiden aber wird die Politik. Wir erinnern die Politik darum an den beeindruckenden Münchner Bürgerentscheid. Wir sind froh, dass die 3. Startbahn weder im Berliner Koalitionsvertag, noch im bayerischen Regierungsprogramm, aber dann doch leider im Landesentwicklungsplan auftaucht. Wir rufen unseren Politikern und Politikerinnen zu: „Lasst Euch in Euren Positionen erschüttern, auch wenn Ihr Euch einmal anders festgelegt hattet.“

Ich schließe mit einem Zitat: In diesem unserem Wirtschaftssystem, „das dazu neigt, alles aufzusaugen, um den Nutzen zu steigern, ist alles Schwache ( wie die Umwelt ) wehrlos gegenüber den Interessen des vergötterten Marktes, die zur absoluten Regel werden.“
Sie ahnen – hier an der Franziskuskapelle -, dass dieser Satz von unserem Papst Franziskus stammt ( Eg 56 ).

Darum: Nicht der vergötterte Markt eines Flugverkehrs ohne Grenzen, sondern
der Mensch in Gottes Schöpfung steht absolut an erster Stelle. Aller wirtschaftliche Fortschritt auch eines Flughafens hat allein dem Menschen und nicht zuerst den Marktinteressen zu dienen. In diesem Sinn beten, gehen und kämpfen wir weiter.
Wir, die tatsächlichen Ja-Sager zu einem vernünftigen und verantworteten Fortschritt.
Mit Gottes Hilfe!



Msgr. Rainer Boeck
Domrektor

19.2.2014