"Laudato si"
Ansprache von Landvolkpfarrer Josef Mayer (Petersberg)
zum Lichterzeichen-Schweigegang in Freising 02.08.2015

Liebe Freunde der Schöpfung – so möchte ich Sie alle am heutigen 2. August des Jahres 2015 nennen,

diese Formulierung hat mir letztlich Papst Franziskus mit seiner neuen Enzyklika „Laudato si“ ins Predigtmanuskript geschrieben.

Es ist letztlich die Nummer drei seiner Enzyklika, die mich so anspricht und die auch Ihnen allen eine gute Wegweisung sein kann: Dort heißt es: „Vor mehr als fünfzig Jahren, als die Welt am Rand eines Nuklearkrieges stand, schrieb der heilige Papst Johannes XXIII . eine Enzyklika, in der er sich nicht damit begnügte, einen Krieg abzulehnen, sondern einen Vorschlag für den Frieden unterbreiten wollte. Er richtete seine Botschaft Pacem HYPERLINK "http://w2.vatican.va/content/john-xxiii/de/encyclicals/documents/hf_j-xxiii_enc_11041963_pacem.html" in HYPERLINK "http://w2.vatican.va/content/john-xxiii/de/encyclicals/documents/hf_j-xxiii_enc_11041963_pacem.html" terris an die gesamte „katholische Welt“, fügte aber hinzu: „und an alle Menschen guten Willens“. Angesichts der weltweiten Umweltschäden möchte ich mich jetzt an jeden Menschen wenden, der auf diesem Planeten wohnt. In meinem Apostolischen Schreiben Evangelii HYPERLINK "http://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html" HYPERLINK "http://w2.vatican.va/content/francesco/de/apost_exhortations/documents/papa-francesco_esortazione-ap_20131124_evangelii-gaudium.html" gaudium schrieb ich an die Mitglieder der Kirche, um einen immer noch ausstehenden Reformprozess in Gang zu setzen. In dieser Enzyklika möchte ich in Bezug auf unser gemeinsames Haus in besonderer Weise mit allen ins Gespräch kommen.“

Der Papst schreibt ausdrücklich: „Ich möchte mit allen ins Gespräch kommen!“ Das verlangt seine Sorge um das so stark gefährdete Haus ERDE.

Um dieses gemeinsame Haus ERDE geht es auch in der Aktion „Lichter Zeichen – Zwei Bahnen Reichen“. Ich glaube, es ist entscheidend, wie wir alle gutes Leben sehen. Die Frage: „ Was braucht der einzelne Mensch, um gut zu leben?“, muss neu gestellt werden. Die alte Formulierung meiner Eltern: „Es muss unseren Kinder einmal besser gehen, wie uns“, hatte als Antwort zur Folge: Wie kommen die Kinder zu mehr Haben, zu mehr Wohlstand, zu mehr Reichtum. Heute muss die Antwort anders lauten, denn es geht heute darum, dass die kommende Generation auf dieser Erde überhaupt leben kann.

Deswegen geht es in all diesen Fragen um eine neue Verhältnisbestimmung von „Dürfen und Müssen“. Finanzminister Söder meinte nach dem letzten Startbahnurteil: „Jetzt müssen wir ja, weil wir dürfen!“

In diesem Zusammenhang halte ich es, ehrlich gesagt, mehr mit dem vor einiger Zeit verstorbenen Münchner Religionspädagogen Elmar Gruber, der auch hier in Freising namentlich einen sehr guten Klang hat. In einem seiner Texte, die Pfr. Thomas Tauchert posthum veröffentlicht hat, heißt es unter der Überschrift „Dürfen und Müssen“:



Wenn ich etwas

tun ‚darf‘,

macht es Freude.

Wenn ich etwas

nur gezwungen tue,

macht es Ärger.

Alles Dürfen verlangt

irgendwo ein

Nichtdürfen, ein

Müssen, sonst ist es

kein ‚Dürfen‘ mehr.

Wenn ich keine

Grenzen gesetzt

bekomme und

alles darf‘, ‚darf‘

ich nichts mehr;

ich bin Zwängen

von Trieben, Lust

und Laune und der

eigenen Willkür

hilflos ausgeliefert.

Müssen‘

macht nicht mehr

unglücklich, wenn ich

müssen darf‘.



Finanzminister Söder muss also nicht. Er will es so, wenn er so handelt. Dann aber ist auch die Verantwortung für dieses Handeln ganz bei ihm. Die Schöpfung und ihre Zukunft, das Haus Erde und seine Existenz verlangen allerdings ein Innehalten und eine echte Unterbrechung. Denn die Ideologie von Mehr und Mehr gefährdet die Erde und damit die kommenden Generationen und steht Ihrer Existenz und damit einer positiven Beantwortung der Frage nach ihrer besseren Zukunft diametral gegenüber. Das Haus Erde braucht mehr bremsen und weniger aus-, auf- und verbauen. Das Haus Erde braucht mehr Kontemplation und weniger Aktion. Das Haus Erde lebt vom Staunen mehr als vom Expandieren. Das Haus ERDE begnügt sich mit zwei und akzeptiert keine drei!

Gebe uns Gott einen achtsamen Geist – dieser allein schafft die ERDE neu!

AMEN.