"Macht
hoch die Tür!"
Besinnung
gestaltet von Dr. Reinhold Reck
zum
Lichterzeichen – Schweigegang am 06.12.2015
„Macht
hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der
Herrlichkeit“ – für die Einweihung der neuen Kirche
im Königsberger Stadtteil Altrossgarten schrieb Pastor
Georg Weissel dieses bis heute bekannte Lied. Am 2. Advent –
den haben wir ja heut auch – am 2. Advent 1623 öffneten
sich die Türen der neuen Kirche und die Gemeinde zog unter den
Klängen dieses Liedes ein.
„Macht
hoch die Tür, die Tor macht weit.“ So haben sie also
damals – 1623 – fast 400 Jahre ist es her – in
Königsberg gesungen. Alle freuten sich, dass sie nun im
Stadtteil eine eigene Kirche hatten. Vor allem die Bewohner im nahen
Armen- und Pflegeheim. Denn für die war der Weg zum Dom zu
weit.
Nur
einer hatte ‘was auszusetzen: Der Kaufmann Sturgis. Kurz zuvor
hatte er ein schönes Haus gekauft, nicht weit vom Armen- und
Pflegeheim. Direkt an seinem Gartenzaun entlang verlief der schmale
Fußweg, den die Leute vom Heim benutzten, wenn sie in die
Stadt oder in die Kirche gehen wollten.
Den
wohlhabenden Kaufmann störte der Anblick der armseligen Leute –
und da kaufte er kurzerhand die Wiese, über die der Weg führte.
Er ließ einen Zaun bauen mit einem prächtigen Tor und
verschloss es. Auf der anderen Seite der Wiese, in Richtung
Stadt, ließ er für sich selbst eine kleine Pforte offen.
Den Armenhäuslern aber war der Weg nun versperrt; sie mussten
einen großen Umweg gehen. Da baten sie ihren Pastor um Hilfe.
Weil
es Advent war, war auch die Zeit des Kurrende-Singens, wo also der
Chor der Gemeinde von Haus zu Haus zog und in den Häusern sang.
Der Chor hatte schon beschlossen, in diesem Jahr das Adventssingen in
Sturgis Haus ausfallen zu lassen. Aber Pastor Weissel hatte eine
andere Idee: Der Chor traf sich beim Armenhaus und zog von dort zu
Sturgis Haus. Der Pastor begleitete die Sänger. Die alten
Menschen an ihren Stöcken und Krücken zogen hinterher. Als
sie bei Sturgis verriegeltem Gartentor ankamen, schaute der Kaufmann
verdutzt aus dem Fenster. Wollte der Chor diesmal im Freien singen?
Wollte er nicht in sein Haus kommen?
Er ging hinaus und kam von
innen an sein Gartentor. Pastor Weissel hielt dort eine kleine
Ansprache. Er sprach vom König aller Könige, der auch heute
vor verschlossenen Herzenstüren wartet und Einlass begehrt, und
dabei wandte er sich um und zeigte auf die Schar der Alten und
Kranken. In dem Moment begann der Chor zu singen: „Macht hoch
die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der
Herrlichkeit!“
Einen
Chor haben wir jetzt nicht hier, aber wir können ja selber alle
ein bisschen singen. Singen wir die ersten beiden Strophen. „Macht
hoch …“
Bei
der zweiten Strophe griff der Kaufmann Sturgis in seine Tasche und
holte den Schlüssel heraus, um das eiserne Tor zu öffnen.
Das Lied, die Botschaft hatte sein Herz erreicht. Und die
Königsberger nannten den kleinen Weg fortan „Adventsweg“.
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Was
hat diese 400 Jahre alte Geschichte mit uns hier und heute zu tun?
Mit „Lichterzeichen – zwei Bahnen reichen“?
Ich
glaub, die Verbindung liegt nahe:
… hier und heute ist
auch jemand, der Grund und Boden aufkauft – nicht, weil die
Menschen, die dort leben, sein ästhetisches Empfinden stören,
aber weil sie seinen Geschäfte im Weg sind. Jemand, der ein Dorf
plattmachen will, das seit Jahrhunderten existiert –
plattmachen, einfach, weil es seinen eigenen Interessen im Weg steht.
…
hier und heute sind auch
Menschen, die seit mehr als 10 Jahren scheinbar ohnmächtig den
Plänen eines wirtschaftlichen und politischen Komplexes
gegenüberstehen. Und die doch wider alle Hoffnung weiter hoffen.
Die lange Jahre Sonntag für Sonntag, jetzt Monat um Monat, Jahr
um Jahr friedlich, schweigend, betend diesem blinden Egoismus
von Flughafengesellschaft und Lufthansa entgegentreten.
…
hier und heute wartet auch
eine ganze Region darauf, dass sich die Herzen der Mächtigen
bekehren, dass sie sich von diesem unnötigen Projekt, von diesem
zerstörerischen Plan abwenden – und das Tor zu einer
lebenswerten Zukunft für Attaching, für Lerchenfeld, für
ganz Freising, für all die betroffenen Menschen in der Region
wieder öffnet.
Singen
wir noch die übrigen drei Strophen des Liedes von Pastor Georg
Weissel.
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Lasst
uns noch gemeinsam das VaterUnser beten.
Eine
der Bitten des VaterUnser ist es, dass Gottes Wille auf Erden
geschehe. Wie sein Wille im Himmel, in der Sphäre Gottes
selbstverständlich geschieht, so soll er auch auf Erden
geschehen – Gottes Wille: d.h. Frieden, Wahrheit, Gerechtigkeit
für diese Welt und ihre Menschen … ein gutes Leben für
alle ... wie im Himmel, so auf Erden.
Beten
wir gemeinsam: Vater unser …