Die Achtung vor der Schöpfung setzt uns Menschen deutliche Grenzen
Besinnung gestaltet von der KLB Diözese München und Freising – Johannes Seibold
zum Lichterzeichen-Schweigegang am 07. Mai 2017
Wir
leben auf einer Erde mit begrenzten Ressourcen
Wir
leben heute in einer Welt mit grenzenloser Nutzung unserer
Ressourcen, mit einem ständig wachsenden Flächenverbrauch
und mit hohen Belastungen für unsere eigene Gesundheit.
Wo
sind die Grenzen unseres enormen Verbrauchs an Ressourcen?
Für
unser Thema hier formuliert heißt die Frage: Wie viele
Startbahnen brauchen wir denn wirklich? Wenn wir jetzt eine 3. Bahn
bekommen sollen, diskutieren wir dann in 20 oder 30 Jahren über
eine 4., 5., oder gar über eine 6. Startbahn?
Das
Prinzip der „Freien Marktwirtschaft“ kennt die Gefahren
des unbegrenzten Wachstums. Darum sieht sich unser Wirtschaften -
nach offizieller politischer Definition - den Regeln einer „Sozialen
Marktwirtschaft“ verpflichtet. Aber: Gelingt sie uns und
unserer Politik wirklich? Da mache ich ein ganz dickes Fragezeichen
dahinter! Viele Marktmechanismen sprechen da eine ganz andere
Sprache. Der bekannte Benediktiner und spiritueller Lehrer Br. David
Steindl-Rast hat auf die Frage, nach dem „Immer mehr“ in
bestechend logischer Weise geantwortet: „Wir leben auf einer
begrenzten Erde. Unser Wirtschaften ist auf grenzenloses Wachstum
ausgelegt. Grenzenloses Wachstum in einem begrenzten Körper
nennen wir Krebs. Das ist krank!“
Folgen
ungezügelter Marktwirtschaft
Ich
möchte aus christlicher Sicht auf zwei Folgen ungezügelter
Marktwirtschaft näher hinweisen:
1.
Sozialraum versus monetäre Wirtschaft – dazu Br. Klaus von
Flüe.
2.
Spiritualität versus käuflicher Heilsversprechen –
dazu Martin Luther.
1.
Sozialraum versus monetäre Wirtschaft
Die
Zeit des Klaus von Flüe – vor 600 Jahren - war unter
anderem geprägt von großen Umbrüchen in der
bäuerlichen Wirtschaft. Die Höfe hatten 2-3 Kühe.
Weideflächen wurden gemeinsam genutzt. Weiträumiger Handel
mit der Milch war nicht möglich. Der Einzug der Käsewirtschaft
veränderte alles radikal. Jetzt waren Milchprodukte lange
haltbar und konnten großräumig verkauft werden. Der
Viehbestand der Höfe wuchs auf 10 Kühe und mehr. Die Folge:
Die Bauern begannen Weideflächen abzuzäunen. Gemeinsam
genutzte Weiden wurden quasi privatisiert. Dadurch entstanden massive
Grenzverletzungen der Bauern untereinander, die auch Existenzen
gekostet haben. Klaus von Flüe wusste, dass diese Entwicklung
nicht aufzuhalten ist. Sein Appell: „Zieht den Zaun nicht zu
weit“. Achtet die Lebensgrundlagen der anderen. Stellt das
eigene Wohl nicht unbegrenzt über das der anderen.
2.
Spiritualität versus käuflicher Heilsversprechen
Vor
500 Jahren hat Martin Luther den Finger in eine große Wunde der
damaligen Kirche gelegt und damit offenbar gemacht: Auch die Kirche
ist vor den Gefahren ungebremster Wirtschaftsdynamik nicht gefeit.
Dem scheinbar käuflichen Heil durch den unsäglichen
Ablasshandel stellt er seine Rechtfertigungslehre entgegen und stellt
in konsequenter Klarheit fest, dass wir unser spirituelles Heil nicht
erkaufen können, sondern dass wir es schon ein für alle mal
geschenkt bekommen haben durch die Gnade Gottes. Hinter diese Aussage
kann auch keine katholische Kirche heute mehr zurück – und
will es auch nicht.
Die
christliche Alternative: Das Reich Gottes
Wenn
wir als Christen den Mechanismen der Marktwirtschaft also sehr
kritisch gegenüber stehen, ja darin letztlich sogar eine echte
Bedrohung des menschlichen Zusammenlebens erkennen, dann müssen
wir auch Alternativen aufzeigen. Unsere Alternative ist das Reich
Gottes. Wir Christen sind zu nichts weniger berufen, als dieses Reich
Gottes bereits hier und heute zu leben. Das heißt: In der
überfließenden Liebe füreinander zu leben. Dafür
haben wir sowohl eine Richtungsangabe als auch eine
Handlungsanweisung: Unsere Ausrichtung ist Jesus Christus, der von
sich sagt:
„Ich
bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“
Joh 14,6. Unsere Handlungsanweisung bekommen wir auch von Jesus, z.B.
unter Joh 13,34:
„Ein
neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe,
so sollt auch ihr einander lieben.“
Das ist eine enorme Herausforderung und stellt die Lebensweise
eines/einer jeden von uns ständig in Frage. Die Liebe achtet und
respektiert Grenzen. Und es ist eindeutig eine Grenzüberschreitung,
wenn wir anderen mehr zumuten, als sie tragen können. Es ist
eindeutig eine Grenzüberschreitung, wenn wir mehr vom Leben
fordern, als wir wirklich dazu brauchen. (Im Vater Unser heißt
es eigentlich: „und gib uns das Brot, das wir heute brauchen“).
Darf
es überhaupt Startbahnen geben?
Kommen
wir noch einmal auf unser Thema zurück. Bei den Forderungen nach
einer 3. Startbahn, werden massiv Grenzen überschritten. Die
hier lebenden Menschen werden der lebensnotwendigen reinen Atemluft
beraubt. Der Fluglärm überschreitet klare Grenzen der
Belastbarkeit. Es geht nicht um Bereiche, in denen alle ihren guten
Platz haben, sondern um Übergriffe. Die Zäune werden zu
weit gezogen. Und die Betreiber des Flughafens und die
Startbahnfreunde aus der Staatsregierung gehen den verlockenden, aber
zugleich auch schädlichen Mechanismen der Marktwirtschaft
grandios auf den Leim. Wenn man alle gravierenden Folgen für
Mensch und Natur bedenkt, muss man sich sogar fragen, ob das
Betreiben von zwei Startbahnen, ja sogar von einer Startbahn und ganz
generell das Betreiben eines Flugbetriebs in dicht besiedelten
Regionen zulässig ist denn: Die Achtung vor der Schöpfung
setzt uns Menschen deutliche Grenzen.
Zuspitzung
des Gesagten im Lied: „Was wir wirklich brauchen“
(Das Lied darf sehr gerne gesungen und auf Liedblättern abgedruckt werden.)
(Das Lied darf sehr gerne gesungen und auf Liedblättern abgedruckt werden.)
Mein
Herr und mein Gott,
nimm
alles von mir,
was
mich hindert zu dir.
Mein
Herr und mein Gott,
gib
alles mir,
was
mich fördert zu dir.
Mein
Herr und mein Gott,
nimm
mich mir
und
gib mich ganz zu eigen dir.
Br.
Klaus von Flüe